Metaverse: Neue Dimensionen – neue Chancen?

27. Januar 2022 | #LuckeExperiences

#LuckeExperiences

Mark Zuckerbergs Ankündigung und die damit einhergehende Umbenennung des Facebook-Konzerns zu Meta hat im Oktober letzten Jahres zu einem regelrechten Ansturm von Investoren im Virtual-Reality- (VR), Augmented-Reality- (AR) und Metaverse-Sektor geführt. Dabei ist die Idee eines Metaverse, einer digitalen Parallelwelt zur Realität, keineswegs neu. Schon seit Jahren ist der Begriff nicht mehr nur in Science-Fiction-Romanen, die ihn geprägt haben, wiederzufinden. Bereits 2003 versuchte Linden Lab mit Second Life eine virtuelle Umgebung zu erschaffen, in der Nutzer ohne festgelegtes Ziel ein digitales Leben führen, mit anderen Nutzern interagieren, zusammenarbeiten, spielen und handeln können. Saß damals jeder Teilnehmer dieser Welt vor einem Computerbildschirm, sollen heute VR- und AR-Brillen den Zugang zum Metaverse ermöglichen. Doch was hat es mit dem aktuellen Hype auf sich und warum sollte man ihn diesmal ernst nehmen?


Eine Weiterentwicklung des Internets


Die Idee eines Metaverse wurde bereits Anfang der 1990er Jahre ursprünglich in einem Science-Fiction-Roman beschrieben und war seitdem häufig ein Synonym für eine alternative, digitale Realität in einer dystopischen Zukunft. Viele unterschiedliche Definitionen zum und Anforderungen an das Konzept sind seitdem entstanden. Was sie alle jedoch gemeinsam haben, ist, dass es sich bei einem Metaverse um ein Netz aus miteinander verknüpften virtuellen Welten handelt. Die einzelnen Welten können sich dabei in ihren festgelegten Regeln unterscheiden. Da es sich beim Metaverse um eine Erweiterung unserer physisch realen Welt um eine digitale Komponente handelt, fällt es schwer, einen konkreten Rahmen für Möglichkeiten und Grenzen des Metaverse abzustecken. Experten zufolge kann das Metaverse als eine Art Weiterentwicklung des Internets angesehen werden, das in einem virtuellen, dreidimensionalen, interaktiven Raum dargestellt wird. Ähnlich wie das Internet sollte das Metaverse permanent live sein, eine unbegrenzte Teilnehmerzahl zulassen und durch Inhalte und Erfahrungen der Nutzer geprägt werden. Die Anwendungsgebiete sind dabei praktisch unbegrenzt, und viele zuvor unentdeckte Nischen werden noch erschlossen.

Der technologische Ursprung des Metaverse ist in der Videospiel-Branche zu finden. Dort ist es schon lange möglich, als virtueller Avatar in eine digitale Spielwelt einzutauchen und in unterschiedliche Rollen zu schlüpfen. Allerdings sind diese Spielwelten zumeist in sich geschlossen und in den Möglichkeiten, die Spielwelt zu gestalten und mit ihr zu interagieren, stark beschränkt. Beim Metaverse geht es nicht allein darum, durch ein Medium (wie z.B. Bildschirm, VR-/AR-Brille) in eine virtuelle Welt einzutauchen, sondern wie die Umgebungen untereinander und mit der realen Welt verknüpft sind und wie der Mensch mit ihnen interagiert.


Warum die Zeichen gut stehen


Einer der wichtigsten Gründe für das starke Interesse an Metaverse ist die andauernde Corona-Pandemie. Sie hat dazu beigetragen, dass schlagartig immer mehr Menschen, aber auch Unternehmen nach neuen Wegen für Austausch und Zusammenarbeit suchen. Experten und Unternehmen gehen davon aus, dass das Homeoffice auch über die Pandemie hinaus ein fester Bestandteil der Arbeitswelt bleibt. Gerade jungen Menschen fiel es leicht, auch alltägliche zwischenmenschliche Interaktionen zu digitalisieren. War man vor zehn Jahren noch auf den heimischen Computerbildschirm als Medium angewiesen, bieten VR- und demnächst auch AR-Brillen heutzutage eine nahezu nahtlose Anbindung an virtuelle Räume. Weitere Technologien, die die Integration von physischer und digitaler Welt vereinfachen können, sind bereits in der Entwicklung (z.B. Gehirn-Chips).

Einerseits wächst also die Zielgruppe, die ein Metaverse potenziell adaptieren könnte, stetig. Andererseits reift aber auch die Technologie, die zur Verwirklichung des Metaverse benötigt wird, heran. Darüber hinaus steigt mit dem enormen Zuwachs an digitalen Gütern, vor allem mit der Ankunft von Non-Fungible Tokens (NFTs), auch der Bedarf an einem virtuellen Marktplatz.


Asien als Vorreiter


Was in der Unterhaltungs- und vor allem in der Videospiel-Branche schon lange im Gespräch ist, entdecken nun auch Unternehmen aus anderen Bereichen für sich. Insbesondere Asien zeichnet sich als Vorreiter in der Adaption virtueller Umgebungen aus. Mitte letzten Jahres rief das südkoreanische Ministerium für Wissenschaft die sogenannte Metaverse Alliance, ein Bündnis bestehend aus den bedeutendsten Unternehmen des Landes, aus. Ziel ist die Erschaffung eines gemeinsamen virtuellen Raumes, in dem Nutzer miteinander, aber auch mit den Unternehmen interagieren können. Auch Banken gehören dieser Vereinigung an und reagieren damit auf mögliche bevorstehende Änderungen in der Finanzwelt, die aus einer breitflächigen Adaption des Metaverse hervorgeht. Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Kookmin Bank, welche eine aus drei Zonen bestehende virtuelle Stadt erschaffen hat. Im Kundenzentrum empfangen Mitarbeiter der Bank Kunden zu Gesprächen, Beratungen und Vertragsabschlüssen, während das Telekommunikationszentrum dem Austausch zwischen Kollegen dienen soll. Die dritte Zone, der Spielplatz, wird als Ort der Erholung zur Verfügung gestellt. Basierend auf der Akzeptanz der Kunden und der Angestellten, kann diese virtuelle Stadt als Prototyp für vollwertige digitale Filialen angesehen werden.

Auch in der westlichen Hemisphäre werden, spätestens nach Mark Zuckerbergs Ankündigung, bereits große Investitionen in derartige Technologien getätigt. Großkonzerne wie Meta, Microsoft oder Nvidia, aber auch eine Vielfalt von Start-ups arbeiten tatkräftig an ihren eigenen Visionen und Technologien zur Umsetzung des Metaverse.


Wie wir alle davon profitieren können


Nun mag man sich fragen, wozu dieses neue – aber eigentlich schon altbekannte – Metaverse denn überhaupt gut sein soll. Meiner Meinung nach hat das Metaverse das Potenzial, unsere Gesellschaft zu bereichern und in diversen Bereichen alltägliche Aufgaben zu erleichtern.

Aus gesellschaftlicher Sicht erhalten Menschen, die aufgrund von körperlichen oder sonstigen Einschränkungen aus sozialen oder beruflichen Umfeldern ausgeschlossen sind, damit die Chance, solche Barrieren zu durchbrechen. Das Metaverse könnte dabei helfen, physische Grenzen zu überwinden, Menschen zusammenzubringen und neue Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung zu liefern.

Wie das Beispiel der südkoreanischen Bank aufzeigt, kann sich das Metaverse aber auch aus Unternehmenssicht als positiv disruptiv erweisen. Es ergeben sich neue, effizientere Wege zur Interaktion mit Kunden und zur Zusammenarbeit zwischen Kollegen. Leichter denn je können Mitarbeiter von zuhause aus arbeiten, Bildungs- und Schulungsangebote können problemlos digital stattfinden. So erscheint z.B. das Üben von Kundengesprächen mittels einer KI im virtuellen Raum als durchaus denkbar. Nachteile bisher angewandter Distanzarbeit, wie die fehleranfällige Kommunikation oder ein fehlendes Zugehörigkeitsgefühl, können durch die Erschaffung virtueller Büro- und Besprechungsräume sowie die Digitalisierung nonverbaler Kommunikationskanäle bekämpft werden.

Durch die Integration in das Alltagsleben (z.B. mittels AR) erschließen sich darüber hinaus neue Möglichkeiten, hybride Produkte (teils physisch, teils digital) zu entwickeln und diese an die richtige Zielgruppe zu vermitteln. Das Metaverse bietet zudem eine Vielzahl völlig neuer Geschäftsmodelle, gerade was den Handel mit digitalen Gütern anbelangt. Ohne Zweifel wird diese Entwicklung auch mit einem Nachfrageschub für und einer größeren Akzeptanz von stabilen digitalen Währungen einhergehen, was wiederum neue Chancen sowohl für Gesellschaft als auch für Unternehmen eröffnet.


Was der Hype nicht verrät


Doch vieles davon ist heute lediglich Zukunftsmusik. Schon vor über zehn Jahren prophezeite man der Online-Plattform Second Life eine ähnlich disruptive und weltverändernde Zukunft. Übrig blieb davon für die meisten von uns nur eine Erinnerung. Denn trotz des technologischen Fortschritts der letzten Jahre ist an eine großflächige Adaption von VR- und AR-Geräten, die der Schlüssel zur Teilnahme am Metaverse sein sollen, nicht zu denken. Zu hoch ist die Hürde, zu stark die Einschränkungen. Lebensechte Bewegungen und Interaktionen lassen sich bisher nicht mit massentauglicher Hardware virtualisieren, und die Identifikation mit einem Avatar im Cartoon-Stil fällt vielen schwer.

Der Erfolg des Metaverse hängt außerdem maßgeblich mit der Kooperation aller beteiligten Branchen und Unternehmen zusammen. Denn ohne einheitliche Standards und funktionierender Vernetzung ist das Metaverse nicht umzusetzen. Davon abgesehen sollte man sich ohnehin die Frage stellen, wem man den Aufbau eines solchen Netzwerks überhaupt anvertrauen sollte. Ein von Meta, Microsoft oder Google erschaffenes Metaverse dürfte kaum mit – für das Internet typischen – Merkmalen wie Dezentralisierung oder Offenheit aufwarten.

Eine Integration der virtuellen Ebene in das reale Leben und die damit verbundene Verschiebung in eine digitale Welt bedeutet zudem einen nie dagewesenen Eingriff von Unternehmen in das Privat- und Arbeitsleben. Wie kann man also sichergehen, dass ethische Werte, (ein gewisser Grad an) Datenschutz und die Privatsphäre gewahrt werden? Der Regulierung innerhalb des Metaverse sollte von Anfang an eine hohe Bedeutung zugemessen werden. Weiterhin ist bedenklich, was passiert, wenn es schwerer wird, sich der Teilnahme am Metaverse zu entziehen, wenn z.B. Unternehmen „Offline“-Angebote mangels Rentabilität einstellen oder sich das soziale Leben verstärkt virtuell abspielt.

Es bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form sich das Metaverse in den nächsten Jahren etablieren wird. Vielleicht umgibt uns das Metaverse auch bereits, denn es wird keinen Zeitpunkt geben, ab dem es plötzlich anfängt zu existieren. Fest steht in jedem Fall, dass viele Möglichkeiten und Chancen, die diese virtuelle Dimension bietet, noch unentdeckt sind.


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